Romane

ZEITARBEIT

„Ich habs doch nicht so gemeint, du“, und sie berührte leicht ihren Arm. „Ich weiß ja, dass du nicht alles erzählen darfst!“ Sybilla blickte sich um und sagte dann flüsternd: „Hier spricht man nicht darüber, weißt du ... obwohl jeder weiß, was passiert ist ... mit ihr...“
„Ist was mit ihr passiert?“, fragte Neve, tat so, als ob es sie nicht wirklich interessiere. „Ja, aber du brauchst mir nichts zu erzählen, wenn du nicht darfst ... wirklich ...“
Sybilla zögerte immer noch; um diese Zeit war die Kantine fast leer, die Meisten kamen erst später, nach ein Uhr. „Du hast doch bestimmt von dem Vorfall im Café Admiral gehört, vor ein paar Wochen?“, begann sie endlich, „dass damals dort jemand umgekommen ist, vergiftet worden ist, kannst du dich daran erinnern?“
Und als Neve sie nur anstarrte, nicht antwortete, fuhr Sybilla mit unterdrückter Stimme fort: „Es hat doch in allen Zeitungen gestanden, und auch im Regionalprogramm im Fernsehen ist darüber berichtet worden.“
Neve fiel ihr misslungenes Treffen mit Erika im Café Admiral ein. Sie überlegte schnell: Wann war das gewesen? Doch es fiel ihr nicht ein. „Ja, ja, ich habe auch davon gehört“, antwortete sie. „Wann war das denn im Café Admiral, das mit dem ... mit dem Toten?“, fragte Neve leise. „Weißt du das noch?“
Sybille überlegte laut: „Wart mal, Nicola – die Sekretärin“ - fügte sie hinzu, als sie Neves fragenden Blick sah, „also, Nicola ist jetzt schon die dritte Woche zur Kur, davor war sie einen Monat im Krankenhaus ... ich könnte ja im Büro nachsehen, auf dem Wandkalender, da hab ichs eingetragen, seit damals vertrete ich sie ja ... es war Ende April.“
Ende April! Neve glaubte sich zu erinnern, dass es früher gewesen war, als sie sich mit Erika im Café getroffen hatte, doch sicher war sie nicht. Aber sie erinnerte sich noch an ein junges, freundliches Gesicht, das war einer der Kellner gewesen, hoffentlich wars nicht der, er hatte sie bedient, das wusste sie noch ganz genau.
„Ja, und was war damit?“, fragte Neve.
„Das war ihr Sohn ...“, antwortete Sybilla, immer noch flüsternd, „der Sohn von Nicola ... er hat dort oft gejobbt, um sich etwas dazuzuverdienen, er war Student, weißt du ...“, und als Neve sie erschrocken ansah, fuhr Sybilla fort: „Nicola war allein erziehend, es war ihr einziges Kind ...“

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